Vielen Dank für all eure Unterstützung! Mein Langdistanz-Debüt war weit mehr, als ich mir je erhofft habe. In
09:33:45h
habe ich als 137. von 3407 Startern das Ziel erreicht - und mir damit einen Lebenstraum erfüllt. Ich bin 3,8 Kilometer in 1:02:32h geschwommen, 180 Kilometer Rad mit 1600Hm in 04:59:25h gefahren und den Marathon in 3:27:38h gelaufen.
Es ist 3:30 Uhr – der Wecker
klingelt. Die Nacht war sehr unruhig. Bis zum Abend war ich noch
recht entspannt. Leider war ein Stück weit weg eine Hochzeit und
selbst bei geschlossenem Fenster dröhnte die Musik bis Nachts um
eins in mein Zimmer. Der hohe Puls ließ mich kaum schlafen. Mehr als
eineinhalb Stunden habe ich nicht am Stück geschlafen.
Doch nun war es soweit. Ich konnte es
kaum erwarten. Die Wettkampfsachen wurden angelegt. Alle Sachen
standen bereit. Mein Vater rief mich zum Fenster. Draußen war es
stockdunkel. Dann erblickte ich den Hof, der gesäumt war von Kerzen
und Fackeln. Ich war sehr gerührt, dass selbst unsere Gastwirte so
Anteil nahmen.
Nach dem Frühstück war um 4:30 Uhr
Abfahrt. Überall durchbrachen Autoscheinwerfer die Dunkelheit und
rollten davon. In unserem Haus waren neben meinem Vereinskollegen und
dessen Angehörige noch weitere Athleten untergebracht. Dann rollte
auch unser Autokorso los. Ab Roth wurde der Verkehr dichter bis er
ganz ins Stocken kam. Tausende strömten in diesen frühen
Morgenstunden in Richtung Schwimmstart und auf die abgemähten Wiesen
vor dem Main-Donau-Kanal.
Wir stiegen aus. Der Himmel war nun
leicht gräulich. Sinfonien erklangen von der anderen Uferseite,
während Rettungsboote mystisch durch die aufsteigenden Nebelschwaden
kreuzten. Zum zweiten Male an diesem Tag war ich sehr gerührt.
Dann ging es über die Brücke, auf der
sich schon die ersten Zuschauer ihre Plätze sicherten auf die andere
Seite. Gegenüber dem Schwimmstart standen Ballons startbereit am
Boden.
Ich begab mich in die Wechselzone,
kontrollierte noch einmal den Reifendruck und ging dann noch einmal
nach draußen. Auch die Profis machten letzte Handgriffe an ihrer
Ausrüstung.
Es war 6:10 Uhr. Jetzt hieß es
Abschied nehmen. Dann ging ich wieder hinein und bereitete mich vor.
Von der Bühne wurde noch ein Gebet
gesprochen, das uns auf dem langen Weg begleiten sollte. Später
erklang das Challenge Lied aus den Lautsprechern:
Here she comes
the morning sun
the final sign
it's all set and done
Here we stand
the point of no return
from were some will win
and some will learn
And when we swim
and when we ride
and when we run, run, run
we're triathlon!
It seems like there is no time, no
space
one more week and ready for the chase
the tension grows
the time goes by
a silent shot
now it's do or die
And then we swim
and then we ride
and then we run, run, run
You and me the challenge family
it's more a passion
welcome to the challenge family
it's more than a challenge
it's more than a race
The day is done
and i can stay the light
we get around a fire in the night
We listen to the stories of the race
we succeed in so different ways
Again we swim
again we ride
again we run, run, run
You and me the challenge family
it's more than a passion
welcome to the challenge family
it's more than a challenge
it's more than a race
Um 6:30 Uhr erfolgte der erste
Startschuss der Profis. Leider war außer spritzendes Wasser nichts
zu sehen, da die komplette Wechselzone umzäunt war und bis zum Kanal
Menschen vor dem Zaun standen.
Ich setzte mich an einen Baum. Ich
hatte noch 45 Minuten bis zu meinem Start. Ich sah mich um. Überall
erblickte ich Menschen, die ihren Neoprenanzug halb angezogen hatten
mit konzentrierte Gesichtern. Andere saßen inne haltend auf der noch
vom Tau feuchten Wiese. Man fühlte sich verbunden mit jedem
Einzelnen, denn jeder stellte sich der gleichen unglaublichen
Herausforderung. Immer wieder bat der Eine dem Anderen den
Reißverschluss zu schließen. Man drückte dem Unbekannten, der
vielleicht von einem anderen Kontinent angereist war die Hand und
wünschte alles Gute.
Langsam zog auch ich meinen Anzug an.
Dann war es auch für mich soweit. Startgruppe 8 wurde gerade
aufgerufen, sodass ich mich schon beeilen musste. Ich ging in einen
abgetrennten Bereich. Wenig später erfolgte der Startschuss der
Startgruppe 8 und ein weiterer Bereich wurde geöffnet, von dem aus
wir von Helfern über Stufen in das Wasser geleitet wurden.
Ich schwamm ein paar lockere Züge bis
zur Startlinie und stellte mich ganz rechts an den Rand, da man hier
stehen konnte. Ich stand in der ersten Reihe. Ich fokussierte den
Mann im Schlauchboot, der die Startleine hochheben würde. Wenig
später um 7:25 Uhr ertönte der Startschuss und die Startleine wurde
nach oben gezogen.
Ich stürzte mich ins Wasser und machte
die ersten kräftigen Züge, um Schlägen oder Tritten zu entgehen.
Ich hatte mir extra zwei Badekappen übereinander gezogen, damit mir
die Schwimmbrille nicht vom Kopf gerissen werden konnte. Das Wasser
war bereits aufgepeitscht von den anderen Schwimmern. Ich konnte mich
recht weit vorne positionieren und versuchte irgendwo Anschluss zu
finden. Die ersten Meter waren ungewohnt ruhig, sodass es nicht
schwer fiel gleich in den Rhythmus zu finden. Bald hatte ich Jemanden
gefunden, in dessen Wasserschatten ich mich hängen konnte. Doch das
war nicht von langer Dauer, da wir bald auf die langsamen Schwimmer
der Startgruppe vor uns aufschwammen. Von hier an musste ich selbst
mein Tempo machen und mich um die anderen Schwimmer vorbei
manövrieren. Es war ein gutes Gefühl Plätze gut zumachen. Weiter
hinten machte der Kanal einen leichten Linksbogen, sodass ich mehr
zur Mitte schwamm um die Ideallinie zu treffen. Ich fühlte mich sehr
locker und die Brücke mit dem ersten Wendepunkt kam spürbar näher.
Kurz vor der ersten Wende dann der Schock: Meine rechte Wade kramfte!
Wie konnte das sein nach so wenigen Metern lockeres Schwimmen?
Vielleicht hatte sich in der letzten Woche so viel Energie angestaut,
dass dieser ungewohnte Zustand zum Krampf führte. Ich hatte Angst,
dass der Krampf den Muskel schädigen könnte, sodass ich sofort den
Fuß ranzog, um die Wade zu dehnen.
Locker ging es weiter unter der Brücke
hindurch zur ersten Wende. Rund 1500 Meter sind geschafft, dachte ich
mir. An der Boje holte ich etwas weiter aus, da es hier recht eng
wurde. Eine Hand griff nach meiner Schulter und tauchte mich unter.
Ich war froh, dass wir das im Training geübt hatten und blieb weiter
ruhig. Gleich nach der Boje machte ich kräftige Züge, um aus dem
Tumult zu kommen. Dann steuerte ich Richtung Ufer und schwamm am Ufer
entlang weiter. Zum einen ist das die kürzeste Strecke durch die
Krümmung, zum anderen liefen Menschen direkt neben mir mit und man
sah das Ufer vorbeiziehen. Das baute auf. Wenig später hatte ich
zwei weitere Krämpfe. Ich versuchte locker zu bleiben. Immer wieder
orientierte ich mich und sah schon die zweite Brücke näher kommen.
Einige Minuten später füllte sich die Uferstrecke schon mit
Menschen und das Ende des Schwimmens kam in greifbare Nähe. Ich
durchschwamm die Brücke, auf der hunderte Menschen standen und
applaudierten.
Dann ging es noch rund 300 Meter in die andere
Richtung bis zur zweiten Wende. Anschließend beschleunigte ich das
Tempo. Der Schwimmausstieg war zum greifen nahe. Ich überholte
weiterhin immer mehr Leute. Dann ging es in den abgetrennten Kanal –
die letzten Meter bis zum Ausstieg. Ich erreichte mit der Hand den
Grund, richtete mich auf, wankte jedoch, da es recht Steinig am Rand
war. Direkt neben mir stand meine Schwägerin und meine Nichten und
mein Neffe und feuerten mich an. Ich winkte und dann ging es auf den
roten Teppich die Schräge nach oben. Dort lagen die Kleiderbeutel
bereit. Ich zählte die Reihen laut ab, die ich mir am Vortag gut
eingeprägt hatte und lief in die dritte Reihe zum Beutel mit der
2105. Ich griff den Beutel und lief in das Zelt, in dem schon mächtig
Betrieb war. Ich zog den Neo aus und eine Helferin half mir ihn in
den Beutel zu packen. Dann wurden schnell die Socken angezogen und
los ging es. Dabei rannte ich versehentlich eine Helferin um.
Auch die Radgasse hatte ich mir genau
eingeprägt. Am Rad angekommen stand schon mein Nachbar an seinem
Rad, der mir am Vortag erzählte, dass er eine Stunde schwimmen
würde, aber ein schlechter Radfahrer sei. Wir begrüßten uns und er
fragte mich auf englisch, was ich für eine Radzeit eingeplant hatte.
Ich sagte ihm: 5:30! Da riss er nur die Augen auf. Zu dem Zeitpunkt
wusste ich ja noch nicht, dass das weit untertrieben sein sollte.